Innovative Technik
Um Fehlerursachen technischer Systeme besser zu verstehen, kann man die resultierenden Ereignisse grob in Kategorien mit gemeinsamen Eigenschaften einteilen.
Übersicht der potenziellen Ereignisse eines technischen Systems (Copyright: Synostik GmbH)
Umgebungsereignisse haben ihre Ursachen in der Umgebung um das technische System herum oder sogar in der Umwelt. Es sind meist Überschreitungen von Grenzwerten physikalischer Größen. Beispiele können zu hohe Temperatur, zu hohe Luftfeuchtigkeit, zu hoher Luftdruck oder zu viele Staubpartikel sein.
Prozessereignisse sind Fehler, deren Ursachen im Produktlebenszyklus oder in seiner konkreten Umsetzung liegen. Das können fehlende Einstellungen oder Programmierungen des technischen Systems sein, aber auch fehlende Arbeitsmittel oder falsche Reihenfolgen bei der Anwendung des Produktionsprozesses.
Fehlerereignisse werden durch Fehler im System verursacht. Hierunter werden die klassischen Fehlerursachen verstanden. Defekte Steuergeräte, klemmende Aktoren oder Druckverlust sind Beispiele in dieser Kategorie.
Funktionsereignisse werden durch die Umsetzung einer Funktion des technischen Systems verursacht und führen zu Einschränkungen der Funktionalitäten. Aktivierung oder Deaktivierung von speziellen Systemfunktionen, funktionale Sicherheitsmechanismen, Überschreitungen von Zählwerten, Regelgrenzen oder Ergebnissen von Systemberechnungen sind Beispiele für mögliche Ursachen für ein Funktionsereignis.
Kommunikationsereignisse entstehen durch die Vernetzung mit anderen Systemen. Diese Ereignisse können auftreten durch Hinweise, Warnungen, Informationen oder Nachrichten von Geräten außerhalb des Systems. Aber auch externe Zugriffe und Interventionen durch Diagnosefunktionen werden hier zugeordnet. Beispiele sind falsche Freischaltcodes, Ereignismeldungen über das Internet oder die Durchführung eines Updates.
Jedes Ereignis in jeder der fünf Kategorien führt zu einer Störung des normalen Funktionsablaufs des technischen Systems. Wichtig für die Produktivität der betroffenen Maschine oder Anlage ist dann in jedem Fall eine schnelle und gezielte Beseitigung des Fehlers bzw. ein schnelles Reagieren auf das Ereignis.
Schon beim ersten Betrachten der einzelnen Kategorien fällt aber auf, dass es auf der einen Seite Fehlerursachen gibt, die mit etwas Erfahrung vorauszusagen sind. Ein Beispiel hierfür ist der klassische Verschleiß von Teilen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Fehlerursachen, die nicht vorauszusagen sind. Kommunikationsereignisse oder Prozessereignisse liegen in der Regel außerhalb des betrachteten Systems und sind daher nicht voraussagbar.
Offensichtlich kann in obigen Fällen also mit unterschiedlichen Instandhaltungsstrategien gearbeitet werden. Um herausfinden, welche Instandhaltungsstrategie für welches Ereignis genutzt werden kann, muss man sich die einzelnen Ereignisse aber noch differenzierter ansehen.

Der Fingerabdruck
technischer Ereignisse

Analysiert man alle Ereignisse eines technischen Systems, so stellt man schnell fest, dass jedes Ereignis spezifische Merkmale und Eigenschaften besitzt. Diese können kategorisiert und gemessen und als eine Art Fingerabdruck des Fehlerereignisses betrachtet werden. Im Folgenden werden beispielhaft Eigenschaften aufgeführt, wie sie seit Jahren in den Branchen Automotive und Maschinenbau verwendet werden. Diese Beispiele haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, je nach Branche und System können mehr oder weniger Kriterien berücksichtigt werden.
Die Kritikalität beschreibt die Schwere eines Ereignisses im Zusammenhang mit der Wahrscheinlichkeit
Fingerabdruck von Ereignissen technischer Systeme (Copyright: Synostik GmbH)
oder Häufigkeit seines Auftretens. Je höher der Wert, desto wahrscheinlicher ist das Ereignis, desto schwerwiegender sind seine Auswirkungen und desto schneller wird die betroffene Funktion im System abgebrochen. Die Identität beschreibt, wie gut Lokalisierung und eindeutige Identifizierung bei einem Ausfall oder Ereignis vorgenommen werden können. Je höher der Wert, desto besser lässt sich das Ereignis entdecken und finden.
Die Reparabilität beschreibt die Wiederherstellbarkeit nach einem Ausfall oder Ereignis im Zusammenhang mit Aufwand, Kosten und Dauer für die Ereignisbehebung. Je höher der Wert, desto leichter lässt sich ein Ereignis beheben.
Die Prädiktabilität beschreibt die Voraussagbarkeit eines Ereignisses im Zusammenhang mit seiner Ausfallmessbarkeit, dem Aufwand der Analyse und der Erkennbarkeit von Mustern. Je höher der Wert, desto besser lässt sich ein Ereignis voraussagen.
Die Präventabilität beschreibt die Vermeidbarkeit eines Ereignisses im Zusammenhang mit seiner Austauschbarkeit, seiner Verbesserbarkeit und dem Aufwand für die Vermeidung. Je höher der Wert, desto besser lässt sich ein Ereignis vermeiden.
Die Intensität ist der Durchschnitt aller bisherigen Merkmale und erlaubt die Gewichtung des Ereignisses im Vergleich zu anderen Ereignissen.
Die Vitalität gibt an, in welchem Lebensabschnitt des technischen Systems ein Ereignis eintreten kann. Sie stellt im Vergleich zu den anderen Merkmalen keinen einzelnen Wert dar, sondern einen Zeitbereich.
Vergleicht man die Merkmale und Eigenschaften verschiedener Ereignisse miteinander, stellt man fest, dass sich für jedes Ereignis ein typischer Fingerabdruck bildet. Dieser Fingerabdruck gibt einen ersten Hinweis auf mögliche Instandhaltungsstrategien für das entsprechende Ereignis. Ähnliche Fingerabdrücke fordern dieselben Instandhaltungsstrategien.

Die bekanntesten Instandhaltungsstrategien

Eine Instandhaltungsstrategie beschreibt die Vorgehensweise, wie Produktivität und Lebenserwartung einer Anlage aufrechterhalten oder sogar erhöht werden. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Strategien, die sich unterscheiden in ihrem Durchführungszeitpunkt relativ zu einem Ereignis und in den einzelnen Aufgaben innerhalb der Strategiedurchführung. Die folgende Übersicht zeigt die bekanntesten Instandhaltungsstrategien.
Die ausfallende Instandhaltung oder Reactive Maintenance ist eine korrektive Instandhaltung, die ohne Aufschub nach der Fehlererkennung ausgeführt wird, um unannehmbare Folgen zu vermeiden. Alle Ereignisse, die sich gut identifizieren und lokalisieren lassen, sind für die ausfallende Instandhaltung sehr gut geeignet. Dagegen müssen Ereignisse, die keine oder kaum eine Funktionsauswirkungen haben und sehr unwahrscheinlich eintreten, für diese Strategie nicht berücksichtigt werden.
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